„1609 erfuhr Galilei aus einem Brief des französischen Gesandten von der Erfindung eines erstaunlichen ‚Gerätes, das imstande ist, entfernte Gegenstände heranzuholen‘, im fernen nördlichen Holland. Dem gleichen Brief lag auch eine Beschreibung des genannten Gerätes bei, die der Briefschreiber ‚nach dem Bericht eines Augenzeugen‘ angefertigt hatte. Haben Sie schon einmal versucht den Bericht eines Augenzeugen zu benutzen? Nein? Ihr Glück! Ein Fernrohr nach der Beschreibung des Gesandten zu bauen war keineswegs leichter als sich im Funktionsprinzip eines Staubsaugers zurechtzufinden, wenn man dazu die Gebrauchsanweisung benutzt. Gewiß, nicht jeder Besitzer eines Staubsaugers ist ein Galilei. Der Professor aus Padua schaffte es trotz­dem, in seiner Werkstatt einige Gläser zu schleifen und montierte aus diesen ein Fernrohr, das dreifache Vergrößerung aufwies. Dieses Fernrohr übergab Galilei dem Rat von Venedig als Geschenk.

Das zweite Fernrohr Galileis vergrößerte bereits auf das Achtfache. Hier kam ihm der großartige Einfall, durch ‚dieses Gerät‘ den Himmel zu betrachten. Was sich hier seinem Blick eröffnete, war verblüffend. Nach Aristoteles sollte der Mond eine glatte Kugel sein, doch er war tatsächlich von Kratern und Bergen bedeckt. Die Venus zeigte ebensolche Phasen, wie man sie beim Mond beobachtete. Dies bewies, daß die Venusbahn näher an der Sonne liegt als die Erdbahn und bekräftigte die Theorie des Copernicus, obwohl auch das noch kein strenger Beweis war. Schließlich zerfiel die Milchstraße in Myriaden von Sternen und war kein Nebel. Schließlich platzten auch die Sphären des Aristoteles, die die Welt umschlossen, und dem Blick des Menschen eröffnete sich die Unendlichkeit des Alls. Die Menschheit hatte es übrigens gar nicht eilig, die Sterne durch das Teleskop zu betrachten, denn als der fröhliche rotbärtige Riese seinen gelehrten Kollegen vorschlug, sich von der Richtigkeit seiner Worte zu überzeugen, lehnte dies ein Teil von ihnen - ohne Zweifel der vernünftigere - ab, und jene, die zu schwach waren, der Versuchung zu widerstehen, schauten flüchtig mit einem Auge hindurch, sprangen zurück und bekreuzigten sich. Dann gingen sie nachdenklich weg und warfen vorsichtige Blicke auf das Gebäude, wo gewöhnlich die Mitglieder der Kongregation der Heiligen Inquisition tagten.“ (Tomilin, 1974, S. 70-71)

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Abdruck mit freundlicher Genehmigung, aus: Diedrich Wattenberg, Astronomische Unterhaltungen, Verlag Neues Leben, 1947 © Eulenspiegel Verlagsgruppe, Berlin.

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© by the Hannah Arendt Bluecher Literary Trust.

Auch hier gibt es weder eine richtige noch eine falsche Lösung. Vermutlich war die Rolle der Kirche für die Anerkennung von Wissen damals viel größer, als sie es heute ist. Da es weniger wissenschaftliche Messgeräte gab und die wissenschaftlichen Methoden zwar schon erstaunlich weit entwickelt waren, aber doch noch nicht so präzise wie heute, verließen sich die Menschen vor allem auf ihre Beobachtungsgabe.