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Theoretische Philosophie – Gedankenexperimente

Dieses Aufgabengebiet wurde erstellt von Sofie Vaas & Lara Dix.
 

In einem Gedankenexperiment von Hilary Putnam (Putnam: Reason, Truth and History, S. 5ff.) und Robert Nozick (Nozick: Anarchy, State, and Utopia, S. 42-45) wird, so ähnlich wie im Film Matrix, folgende Frage gestellt: „Ist es möglich, dass meine gegenwärtigen Wahrnehmungen nicht real sind, sondern von einem Computer erzeugt werden, der an die Nervenenden meines Gehirns angeschlossen ist, während mein Gehirn abgetrennt vom Körper in einer Nährlösung in einem Tank liegt?“ (Kühne: Gedankenexperiment, S. 385.) Im Folgenden wollen wir über diese Frage gemeinsam nachdenken.


Das Quellen- und Literaturverzeichnis zu dieser Seite finden Sie hier.

Aufgabe 1 von 9

BEGRÜNDUNGEN

Normalerweise gehen wir davon aus, dass wir uns nicht in dieser Situation befinden, das heißt, dass wir keine Gehirne im Tank sind, sondern Menschen aus Fleisch und Blut, die sich durch die Welt bewegen, statt in einem Tank zu liegen.

Wie können Sie herausfinden, dass Sie tatsächlich kein solches ‚Gehirn im Tank‘ sind? Mit Hilfe welcher Begründungen können Sie diese Behauptung stützen? Werden diese Begründungen durch das Gedankenexperiment entkräftet?

Versuchen sie nicht, gegen die Voraussetzungen des Gedankenexperiments zu argumentieren, wie z.B. festzustellen, dass so ein Szenario technisch unmöglich ist. Ein Gedankenexperiment kann nur funktionieren, wenn sie ‚mitgehen‘, das heißt, wenn sie die Bedingungen des Gedankenexperiments akzeptieren und das Szenario annehmen, so wie es beschrieben ist.

Wenn wir ein Gehirn im Tank sind und etwas über die Welt herausfinden wollen, dann können wir uns nicht auf die Wahrnehmungen berufen, denn diese sind alle künstlich erzeugt. Im Gedankenexperiment werden so explizit die Wahrnehmungen hinterfragt. (Vgl. Huemer: Serious and skeptical theories, S. 1032.) Das heißt, alle Begründungen, die sich auf Wahrnehmungen stützen, werden entkräftet. Das betrifft also alle empirischen Begründungen.

Um etwas über die Welt auszusagen brauchen wir andere Begründungen, die sich nicht auf Wahrnehmungen stützen. Das könnten zum Beispiel rationale Überlegungen und Begründungen sein, bei denen man sich nicht auf empirische Tatsachen beruft, sondern durch bloßes Nachdenken und Argumentieren seine These stützt.

Eine Möglichkeit dafür zu argumentieren, kein Gehirn im Tank zu sein, betrachtet die Reihenfolge unserer Wahrnehmungen. Die Erfahrungen, die wir machen, sind nicht zufällig, sondern sie sind zusammenhängend. Damit ist gemeint, dass die meisten wahrgenommen Ereignisse nach einem Ursache-Wirkungs-Prinzip ablaufen. Wir nehmen erst ein Ereignis, die Ursache, wahr und dann ein anderes Ereignis, die Wirkung. Wären wir ein Gehirn im Tank, so ist nicht klar, warum alle unsere Wahrnehmungen so kohärent sein sollten. (Vgl. Huemer: Serious and skeptical theories, S. 1037ff.) Da sie künstlich erzeugt sind, ist es wahrscheinlicher, dass sie zufällig und unzusammenhängend sein würden.