OSA Baden-Württemberg
BW Quadrat Logo
× Die Beispielaufgaben sollten an einem PC bearbeitet werden.

Praktische Philosophie – Ethisches Dilemma

Dieses Aufgabengebiet wurde erstellt von Sofie Vaas & Lara Dix.
 

Chirurgen-Dilemma: Stellen Sie sich vor, Sie sind ein renommierter Chirurg. Sie behandeln vier verschiedene Patienten, von denen jeder aufgrund des Versagens eines bestimmten Organs zu sterben droht. Für keinen der Patienten liegt ein Spender vor. Nun gibt es einen anderen Patienten, der einen Blinddarmdurchbruch erleidet, der ohne Ihr Eingreifen sterben würde, dessen Organe aber ideal zu den anderen Patienten passen, die einen Organspender suchen. Sie könnten diesen Mann ohne aktiven Eingriff sterben lassen und ihn als unfreiwilligen Organspender verwenden. Die Situation stellt ein moralisches Dilemma dar. Dies zeichnet sich dadurch aus, dass eine Situation vorliegt, in der sich ein Akteur zwischen zwei Handlungsalternativen entscheiden muss, die sich gegenseitig ausschließen, für die jeweils vergleichbare starke Gründe sprechen. (Vgl. zum Dilemmabegriff, McConnell: Moral Dilemmas, S. 2)


Das Quellen- und Literaturverzeichnis zu dieser Seite finden Sie hier.

Aufgabe 1 von 2

Wie würden Sie handeln? Welche zwei Handlungsoptionen gibt es? In einem Dilemma gibt es keine dritte Entscheidungsmöglichkeit. Ihre Antwort sollte also eine der beiden untenstehenden Formen haben. Anhand der möglichen Entscheidungen werden Ihnen verschiedene ethische Grundpositionen vorgestellt. (Vgl. zu der Gliederung der ethischen Grundpositionen, Rommerskirchen: Das Gute und das Gerechte, Abbildung 25)

Ich entscheide mich dafür, vier Leben zu retten und dafür eines zu opfern. Es geht mir um die Konsequenzen meines Handelns. Ich wäge das Überleben von vier Menschen gegen den Tod eines Menschen ab. Ich kann entweder vier Menschen sterben lassen oder einen. Natürlich wähle ich die Handlung mit den weniger schlechten Konsequenzen.

Wenn Sie nach Antwortmöglichkeit 1 handeln, folgen Sie einer konsequentialistischen Grundposition. Konsequentialistische Theorien betrachten bei der Beurteilung der moralischen Richtigkeit von Handlungen nur die voraussehbaren Folgen der Handlung, sodass man sich auf die Summe guter Konsequenzen, beziehungsweise auf das Übergewicht von guten über schlechte Folgen einer Handlung berufen muss. Es muss also diejenige Handlung gewählt werden, die im Vergleich zu ihren Alternativen ein größeres Maß an guten gegenüber schlechten Konsequenzen hat. (Vgl. zu der konsequentialistischen Grundposition, Rommerskirchen: Das Gute und das Gerechte, S. 37-38 und Birnbacher: Analytische Einführung in die Ethik, S.173-176, S. 432-433)

Ich folge meiner grundsätzlichen Position, der zufolge keine meiner Handlungen zum Tode führen darf. Einen Menschen sterben zu lassen, kann nichts Gutes sein, auch nicht, wenn sie Mittel zum Zweck des Überlebens von vier anderen ist.

Wenn Sie nach Antwortmöglichkeit 2 handeln, folgen Sie einer deontologischen Grundposition, der zufolge es andere Gesichtspunkte gibt, die eine Handlung gut oder schlecht machen, die mit dem Wert der Konsequenzen nichts zu tun haben. (Vgl. Rommerskirchen: Das Gute und das Gerechte, S. 38) Für Deontolog*innen kann eine Handlung moralisch gut sein, obwohl sie nicht das größtmögliche Übergewicht an guten gegenüber schlechten Folgen hat. Deontolog*innen geht es um ein anderes Kriterium der Handlung. Dieses Kriterium liegt in der Handlung und ist folgenunabhängig. Deontologische Theorien können verschiedener Art sein. Streng deontologische Theorien betrachten nur die Merkmale der Handlung, nicht-strenge deontologische Theorien berücksichtigen neben den Merkmalen der Handlung zusätzlich die Folgen. (Vgl. zu der deontologischen Theorie Rommerskirchen: Das Gute und das Gerechte, S. 96-99 und Birnbacher: Analytische Einführung in die Ethik, S. 113-118)