Die Jacke war schon Teil einer Ausstellung mit dem Titel „Geschmackssachen“. Es ging in dieser Ausstellung darum, sich verschiedene Bereiche des Alltags und deren dingliche Gestaltung anzusehen. Ein Bereich davon war Protest – in diesem Bereich wurde unsere Jacke ausgestellt. Hier sehen Sie zwei Texte, einen Bereichstext und einen Objekttext:
- Der Bereichstext beschreibt den größeren Kontext der Geschichte des Protestes im Alltag.
- Der Objekttext fokussiert die spezielle Rolle der Jacke in dieser Geschichte.
Lesen Sie sich die Texte durch und achten Sie darauf, wie die Jacke dazu genutzt wird, eine Protestgeschichte zu erzählen.
Bereichstext
LAUT – Formen des Protests
Erklärung: Beleuchtet einen Aspekt des Ausstellungsthemas, stellt den Bezug zwischen Allgemein-Thema und dem in diesem Bereich präsentierten Spezialfall her, leitet die Blicke der Besucher*innen bereits zu den Objekten, ohne sie vorwegzunehmen.
Text: Wer protestiert, will Aufmerksamkeit für seine Botschaft. Protest ist immer Kommunikation, und Kommunikation will gestaltet sein. Die beste Form für eine solche Botschaft ist die, die am deutlichsten und eindeutigsten wirkt – laut und auffällig muss sie sein, bevorzugt provokativ. Deshalb nutzen Protestierende oft bekannte Symbole, um ihrem Appell Ausdruck zu verleihen: Gängige Codes werden angewandt, umgedeutet oder ironisch verfremdet. Der Akt der Gestaltung selbst ist politisch. (Um-)gestaltete Kleider, Körper, Banner und Parolen sind mehr als Accessoires. Ihre Herstellung und ihre Verwendung sind Teil der Aktionsform. Wer eine Polizeijacke demoliert oder Gestaltungsrichtlinien für Banner und Plakate niederschreibt, der protestiert – nicht nur mit, sondern auch durch die entstandenen Dinge.
Objekttext
Umgestaltete Polizei-Lederjacke
Erklärung: Verdeutlicht den Bezug des Ausstellungsobjektes zum Narrativ der Ausstellung. Leitet die Blicke der Besucher*innen und macht neugierig, das Objekt zu erkunden.
Text: Diese Jacke bringt den Punk auf den Punkt: Die Polizei-Vergangenheit ist ihr kaum noch anzusehen, die Rebellion dafür umso mehr. Am linken Ärmel erkennt man einen Abdruck, wo einst das Polizeiwappen prangte. Ansonsten wurde die Polizeisymbolik mit Nieten und Sprühfarbe umgedeutet: Repräsentierte die Jacke einst staatliche Autorität und Kontrolle, so rebelliert sie als formgewordener Protest nun dagegen. Eine Studentin des Ludwig-Uhland-Instituts trug sie in den 1980er Jahren.
Kulturwissenschaftler*innen konzipieren Ausstellungen und befassen sich zugleich mit Fragen wie:
- Warum braucht es Museen?
- Wie haben sich Museen geändert?
- Welche Geschichte wird in Ausstellungen wie erzählt, welche wird ausgespart?
Daran geknüpft sind auch Fragen nach der Art und Weise, wie wir uns erinnern (sollen) – für uns alleine und als wie auch immer zusammengesetzte Gruppe – sowie Fragen danach, wie solche Gruppen (wie bspw. Nationen oder Familien) erst durch das Teilen gemeinsamer Erinnerungen entstehen, oder absichtlich hergestellt werden.