Produktion und Logistik – Optimierung einer Montagelinie
Ein Unternehmen fertigt Impeller für Sportbootmotoren. Impeller sind mit einem Gehäuse ummantelte Propeller und dienen dem Ansaugen und Weitertransportieren von Seewasser zur Kühlung von Schiffsmotoren.
In der Fertigung werden Gehäuse und Deckel hergestellt. Anschließend werden diese in der Endmontage zusammengeschraubt. Die Montagelinie der Endmontage besteht aus 4 Stationen. An jeder Station werden unterschiedliche Tätigkeiten durchgeführt:
• An der ersten Station wird der passende Propeller auf die Welle aufgesteckt.
• An der zweiten Station wird der Deckel aufgeschraubt.
• An der dritten Station wird die Funktion manuell geprüft.
• An der letzten Station wird der Impeller verpackt.
Eine Prozessdarstellung der Montagelinie sowie die Zeiten, die jede Station pro Stück benötigt, sind in Abb. 3 zu sehen. Der zu montierende Impeller wird von Station zu Station einfach mit der Hand einzeln weitergegeben, sobald dieser an der Station fertig ist. Ist die nachfolgende Station noch nicht frei, wird der Impeller auf einen Pufferlagerplatz (P) gelegt und dort von der nachfolgenden Station entnommen, sobald diese Station das Teil bearbeiten kann.
Als Wirtschaftsingenieur*in sollen Sie nun die Montagelinie optimieren, so dass diese möglichst gut ausgelastet ist. Eine der wesentlichen Aufgaben bei einer Prozessoptimierung ist festzustellen, wo es im Prozess Engpässe oder Leerlaufzeiten gibt, die vermieden werden können.
In welchem Puffer wird sich das Material aufstauen?
Bitte auswählen
Puffer 1 (P1)
Puffer 2 (P2)
Puffer 3 (P3)
Das Material wird sich im Puffer P2 aufstauen, da der nachfolgende Prozessschritt (Station 3) am längsten für ein Teil benötigt. Damit ist Station 3 der Engpass des Prozesses und in Puffer 2 wird der Pufferbestand immer weiter zunehmen. Ein Eingreifen in diesen Prozess, um ihn zu optimieren, ist also notwendig.
Aufgabe 2 von 3
Betrachten wir den in Abb. 3 gezeigten Ablauf insgesamt: Das erste Teil kommt zu Station 1. Hier dauert es 4 Minuten, bis dieses fertig ist. Station 1 beginnt das nächste Teil und Station 2 benötigt 3 Minuten, um das erste Teil fertig zu bearbeiten. Nach insgesamt 7 Minuten ist das erste Teil an Station 3 und wird dort bearbeitet. Das zweite Teil ist nach 11 Minuten an Station 3 und muss daher im P2 warten, bis das erste Teil fertig ist. Dies ist nach 12 Minuten fertig. Da die ersten beiden Stationen schneller arbeiten als Station 3, wird sich vor Station 3 zunehmend das Material aufstauen. Die Impeller, die aus Station 3 zum Verpacken in Station 4 kommen, können alle ohne Wartezeit abgearbeitet werden, da diese Station wieder schneller arbeitet. Sie muss daher immer eine Minute warten, bis ein neues Teil an ihrer Station ankommt. Somit hat sie noch freie Kapazität. Der Prozess soll nun mathematisch in einer Formel ausgedrückt werden. Der Pufferbestand vor einem Arbeitssystem beeinflusst maßgeblich die Zeit (Durchlaufzeit), die ein Impeller benötigt, bis er diese Station wieder verlässt. Dieser Zusammenhang wird in Littles Gesetz beschrieben.
Wählen Sie die korrekte Formel für Littles Gesetz aus. Der Bestand wird dabei in Stück angegeben, die Produktionsrate in Stück pro Minute und die Durchlaufzeit in Minuten.
Bitte auswählen
Bestand = Produktionsrate x Durchlaufzeit
Abhängig von der Dauer, die ein Impeller vom Eintreffen an der Station bis zur Fertigstellung an dieser Station benötigt (Durchlaufzeit) und der Produktionsrate, also wie viele Impeller pro Zeiteinheit an dieser Station abgearbeitet werden können, kann der Bestand, der im Puffer vor der Station liegt berechnet werden.
Bestand = Produktionsrate / Durchlaufzeit
Bestand = Durchlaufzeit / Produktionsrate
Littles Gesetz zeigt den direkten Zusammenhang zwischen Kapazität der Arbeitsstation, Bestand vor der Arbeitsstation und der Durchlaufzeit der Arbeitsstation auf. Je mehr Bestand vor der Arbeitsstation liegt, desto länger dauert es, bis ein neu eingetroffener Impeller abgearbeitet werden kann. Diese Erkenntnis ist wichtig für die Optimierung des Arbeitssystems. Littles Gesetz beschreibt daher den aktuellen Zustand des Systems. Soll bei gleichbleibender Produktionsrate die Durchlaufzeit verkürzt werden, muss laut Littles Gesetz der Bestand vor dem Arbeitssystem dauerhaft verringert werden oder die Produktionsrate erhöht werden.
Für die Optimierung von Prozessen ist eine genaue und auch mathematische Beschreibung von Zuständen und Zusammenhängen wichtig, um konkretes Datenmaterial für einen späteren Soll-Ist-Vergleich zu erhalten. Wirtschaftsingenieure*innen sollten sich daher in der Anwendung von Mathematik zu Hause fühlen.
Aufgabe 3 von 3
Wie in den vorherigen Aufgaben festgestellt, ist Station 3 der Engpass des Prozesses und in P2 wird der Pufferbestand ohne weitere Maßnahmen immer weiter zunehmen. Ein Eingreifen in diesen Prozesses, um ihn zu optimieren, ist also notwendig. Um in diesem Fall einen kontinuierlichen Fluss hinzubekommen, gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Welche Maßnahmen würden die Montagelinie optimieren und den Bestandsaufbau vermeiden?
Bitte auswählen
ein größeres Pufferlager für P2 bauen
Einfach das Lager größer zu machen, ist keine Lösung, da dies teuer ist und nach dem zuvor beschriebenen Littles Gesetz zu einer zunehmenden Durchlaufzeit führen würde.
einen Takt einführen, um alle Teile nur alle 5 Minuten weiterzugeben
Ein Takt kann eingeführt werden, sodass Teile nur alle 5 Minuten weitergegeben werden. Dies löst das Problem des Engpasses, würde aber ebenfalls dazu führen, dass die Stationen 1, 2 und 4 entsprechend viel Leerlauf haben und damit nicht sehr effektiv arbeiten. Ihre Auslastung ist damit nicht optimal.
eine automatische Prüftechnik kaufen
Eine Möglichkeit wäre es, den Prozess an Station 3 so zu verbessern, dass dieser nur 4 min/Stück benötigt. Hier könnte z. B. eine neue automatische Prüftechnik zum Einsatz kommen.
Station 3 und 4 zusammenlegen
Eine Zusammenlegung würde die Bearbeitungszeit dieser neuen Station gegenüber den Stationen 1 und 2 noch weiter erhöhen Der Engpass wird also größer und nicht kleiner. Daher ist dies keine Lösung.
an Station 2 langsamer arbeiten und zwischendurch Pause machen
Langsamer arbeiten und öfter Pause machen ist nicht effizient und kostet dem Unternehmen Geld. Der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin könnte sinnvoller eingesetzt werden.
Mitarbeiter*in an Station 3 schulen
Durch Schulung des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin an Station 3 kann die Prozesszeit verbessert werden, so dass diese eventuell auf 4 min/Stück verkürzt werden kann. Eventuell können Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, die ein schnelleres Arbeiten ermöglichen. Diese Lösung wäre die kostengünstigste.
Eine Montagelinie läuft optimal, wenn alle Stationen mit ihrem sogenannten Arbeitsinhalt und ihren Kapazitäten (also das, was die Station in einem bestimmten Zeitabschnitt abarbeiten kann) aufeinander abgestimmt sind. Man spricht auch vom ‚Austakten‘ der Montagelinie, um einen kontinuierlichen Fluss der Teile zu erhalten.
Das hier aufgeführte Beispiel ist sehr überschaubar. Montagelinien können aber sehr komplex sein, wie z. B. bei der Montage von Autos. Hier muss neben der Austaktung auch geplant werden, wann welche Teile an das Band angeliefert werden müssen, damit z. B. der rote Sitz ins rote Auto verbaut werden kann und nicht unnötig lange an der Montagelinie auf den Verbau warten muss. Werden die Sitze z. B. von einem Lieferanten gefertigt und zeitpunktgenau ans Band angeliefert, muss eine unternehmensübergreifende Abstimmung erfolgen. In diesem Fall ist auch der Einkauf involviert. Die komplexen Planungs- und Gestaltungsprozesse im Bereich Produktion und Logistik mit Schnittstelle zum Einkauf sind klassische Arbeitsbereiche für Wirtschaftsingenieure*innen.