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Praktische Theologie: Kirchenrecht – Die kirchliche Lehre über Ehe und Familie und ihre rechtliche Ausgestaltung

Das kanonische Eherecht ist eine der am stärksten beachteten kirchenrechtlichen Disziplinen. Es regelt eine Materie, die viele betrifft. Es ordnet die Ehevorbereitung, legt Ehehindernisse fest, und bestimmt, was die Brautleute einander bei der Trauung versprechen. Katholik*innen müssen diese Vorgaben kennen und danach handeln.

Die folgenden Aufgaben sollen am Beispiel der kirchlich-katholischen Ehe deutlich machen, wie theologische Überzeugungen und rechtliche Normen aufeinander bezogen sein können. Aus diesem Grund beginnt die erste Aufgabe mit der Theologie der kirchlich-katholischen Ehe, wie sie auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) gelehrt wurde. Die zweite Aufgabe zeigt die Grundlagen dieser Lehre in Schrift und Tradition auf, sowie deren Übersetzung in das kirchliche Recht.


Das Quellen- und Literaturverzeichnis zu dieser Seite finden Sie hier.

Aufgabe 1 von 2

DIE KIRCHLICH-KATHOLISCHE LEHRE ÜBER DIE EHE IN GAUDIUM ET SPES

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hat sich in seiner Pastoralkonstitution Gaudium et spes (‚Freude und Hoffnung‘, kurz: GS) mit dem Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und der modernen Welt auseinandergesetzt. Konzilien sind Versammlungen von Bischöfen und bedeutende Ereignisse der Kirchengeschichte. Sie entscheiden und erörtern theologische Fragen und sind eine grundlegende Quelle für die kirchliche Lehre.

GS 47-50 handelt von der Bedeutung von Ehe und Familie. Darin sind auch die zentralen Aussagen der Kirche über die Ehe enthalten. Sie stellen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt den aus lehramtlicher Perspektive verbindlichen Referenzpunkt für das kirchliche Eherecht dar. Das bedeutet nicht, dass über solche Positionen in der Theologie nicht diskutiert würde. Auf die verbindlichen Vorgaben des kirchlichen Rechts haben aktuelle Debatten (z.B. über alternative Eheverständnisse oder über die Ehe für alle) indes bislang keine Auswirkungen.


II. Vatikanisches Konzil: Pastorale Konstitution Gaudium et spes über die Kirche in der Welt von heute (1965).

48. „Die Heiligkeit von Ehe und Familie“

„Die innige Gemeinschaft des Lebens und der Liebe in der Ehe, vom Schöpfer begründet und mit eigenen Gesetzen geschützt, wird durch den Ehebund, d.h. durch ein unwiderrufliches personales Einverständnis, gestiftet. So entsteht durch den personal freien Akt, in dem sich die Eheleute gegenseitig schenken und annehmen, eine nach göttlicher Ordnung feste Institution, und zwar auch gegenüber der Gesellschaft. Dieses heilige Band unterliegt im Hinblick auf das Wohl der Gatten und der Nachkommenschaft sowie auf das Wohl der Gesellschaft nicht mehr menschlicher Willkür. Gott selbst ist Urheber der Ehe, die mit verschiedenen Gütern und Zielen ausgestattet ist; sie alle sind von größter Bedeutung für den Fortbestand der Menschheit, für den persönlichen Fortschritt der einzelnen Familienmitglieder und ihr ewiges Heil; für die Würde, die Festigkeit, den Frieden und das Wohlergehen der Familie selbst und der ganzen menschlichen Gesellschaft.

Durch ihre natürliche Eigenart sind die Institution der Ehe und die eheliche Liebe auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet und finden darin gleichsam ihre Krönung. Darum gewähren sich Mann und Frau, die im Ehebund nicht mehr zwei sind, sondern ein Fleisch (Mt 19,6), in inniger Verbundenheit der Personen und ihres Tuns gegenseitige Hilfe und gegenseitigen Dienst und erfahren und vollziehen dadurch immer mehr und voller das eigentliche Wesen ihrer Einheit.

Diese innige Vereinigung als gegenseitiges Sichschenken zweier Personen wie auch das Wohl der Kinder verlangen die unbedingte Treue der Gatten und fordern ihre unauflösliche Einheit.“

Möglicherweise fällt Ihnen auf, dass in den lehramtlichen Texten immer nur von ‚der Ehe‘ und nicht von der ‚katholischen‘ oder ‚kirchlichen‘ Ehe die Rede ist. Dies hängt mit dem katholisch-kirchlichen Menschenbild zusammen: Da Gott den Menschen zur Ehe bestimmt hat, oder anders ausgedrückt, mit der Erschaffung des Menschen zugleich ‚die Ehe‘ begründet hat, gibt es aus Sicht der katholischen Kirche nur ein einziges Konzept von ‚Ehe‘. Es ist nach kirchlichem Verständnis allen Menschen verbindlich vorgegeben.

Entscheiden Sie, ob die folgenden Aussagen dem oben zitierten Ausschnitt aus Gaudium et spes entsprechen oder nicht.

richtig
   
falsch

Eine Ehe kommt durch die freie Willensentscheidung zweier Personen zu Stande, miteinander eine Ehe einzugehen.

Die Ehe ist reine Privatsache und unabhängig von der Gesellschaft.

Aus einer Ehe sollten Kinder hervorgehen.

Sowohl hetero- als auch homosexuelle Paare können eine Ehe eingehen.

Die Ehe wurde unmittelbar von Gott eingesetzt.

Wenn eine Ehe nicht gelingt, kann sie wieder geschieden werden.

Gehen Sie weiter zur nächsten Aufgabe, um zu erfahren, wie sich einerseits die Lehre über die Ehe aus Schrift und Tradition heraus entwickelt hat und wie sie sich andererseits in der Rechtsordnung der katholischen Kirche niedergeschlagen hat.