In der UN-Behindertenrechtskonvention, Artikel 24, Absatz 2 stellen die Vertragsstaaten sicher, dass Menschen mit Behinderung nicht aufgrund ihrer Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderung nicht aufgrund ihrer Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden dürfen. Von der Bundesrepublik Deutschland wurde die UN-Behindertenrechtskonvention mit dem ‚Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativ-Protokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen‘ im Dezember 2008 ratifiziert. Die betreffenden Regelungen traten mit der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde im März 2009 in Kraft.
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Die Vertragsstaaten haben die ausnahmslose Pflicht, Menschen mit Behinderungen in die Grundschule zu inkludieren.
Schulen, die den Bedarfen der Menschen mit Behinderung nicht gerecht werden (z.B. Barrierefreiheit), d.h. der sonderpädagogischen Förderung nicht nachkommen können, können diese Kinder nicht beschulen. Die Suche nach Lösungen ist in der Praxis und in der Wissenschaft im vollen Gange.
Der inklusive Unterricht unterscheidet sich nicht vom Unterricht, an dem ausschließlich Kinder ohne Behinderung teilnehmen.
Die zusätzliche Heterogenitätsdimension im inklusiven Setting erfordert die Anpassung bspw. des Inhalts an die Lernausgangslagen einzelner und aller Kinder in der Klasse und kann als eine besondere Herausforderung angesehen werden kann.
Die Vertragsstaaten verpflichten sich, Menschen mit Behinderungen in die weiterführende Schule (z.B. Gymnasium, Realschule) zu inkludieren.
Schulen, die den Bedarfen der Menschen mit Behinderung nicht gerecht werden (z.B. Barrierefreiheit), d.h. der sonderpädagogischen Förderung nicht nachkommen können, können diese Kinder nicht beschulen. Die Suche nach Lösungen ist in der Praxis und in der Wissenschaft im vollen Gange.
Im inklusiven Unterricht ist es eine besondere Herausforderung, eine Passung zwischen den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderung herzustellen.
Diese Antwort ist richtig, da die zusätzliche Heterogenitätsdimension im inklusiven Setting die Anpassung bspw. des Inhalts an die Lernausgangslagen einzelner und aller Kinder in der Klasse als eine besondere Herausforderung angesehen werden kann.
Alle Schülerinnen und Schüler im inklusiven Unterricht werden nach dem allgemeinbildenden Bildungsplan unterrichtet.
Die Schülerinnen und Schüler im inklusiven Setting werden nach verschiedenen Bildungsplänen (z.B. Bildungsplan für das Gymnasium, Bildungsplan für Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt Lernen) unterrichtet. Dies nennt man auch ‚zieldifferenten‘ Unterricht.
Für Baden-Württemberg zeigt sich, dass mit 32% der allgemeinbildenden Schulen deutlich weniger Regelschulen Kinder mit Förderbedarf inklusiv unterrichten, als in der Mehrheit der anderen Bundesländer. Abb. 1 zeigt ein Nord-Süd-Gefälle in der Bundesrepublik.
Aufgabe 2 von 3
SOZIALE UNGLEICHHEIT – BILDUNGSUNGERECHTIGKEIT
Der französische Soziologe Pierre Bourdieu analysiert die Entstehung und Reproduktion sozialer Ungleichheit anhand der Idee, dass jeder Mensch unterschiedliche Kapitalsorten auf sich vereinen kann. Der Umfang und die Mischung der einzelnen Kapitalsorten beeinflusst die soziale Positionierung maßgeblich.
„Das Kapital kann auf drei grundlegende Arten auftreten. […] Das ökonomische Kapital ist unmittelbar und direkt in Geld konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in der Form des Eigentumsrechts; das kulturelle Kapital ist unter bestimmten Voraussetzungen in ökonomisches Kapital konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in Form von schulischen Titeln; das soziale Kapital, das Kapital an sozialen Verpflichtungen oder ‚Beziehungen‘, ist unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls in ökonomisches Kapital konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in Form von Adelstiteln.“ (Bourdieu 1992: 52)
Bourdieu differenziert das kulturelle Kapital noch einmal in drei verschiedene Formen: das objektivierte (damit sind beispielsweise der Besitz von Büchern und Kunstwerken gemeint), das institutionelle (hierunter werden Bildungsabschlüsse gefasst) und das inkorporierte kulturelle Kapital. Die letzte Form beschreibt die Ergebnisse von Bildungsprozessen, die sowohl unbewusst – zum Beispiel im Kontext familiärer Erziehungs- und Sozialisationsprozesse – als auch eher bewusst, zum Beispiel durch schulisches Lernen, erworben werden. Diese Form des kulturellen Kapitals ist direkt mit der jeweiligen Person verbunden.
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Die drei Kapitalsorten, die Bourdieu unterscheidet, sind unabhängig voneinander.
Ein universitärer Abschluss kann als kulturelles Kapital verstanden werden.
Jeder Mensch besitzt gleich viel soziales Kapital.
Bildungserfolg ist immer unabhängig von dem kulturellen Kapital, das ein Mensch inkorporiert hat.
Aufgabe 3 von 3
SOZIALE UNGLEICHHEIT IN DEUTSCHLAND – ZENTRALE ERGEBNISSE AUS IGLU 2006 UND PISA 2006
„In jedem Staat gibt es einen Zusammenhang zwischen der schulischen Leistung und der sozialen Herkunft – das zeigen die internationalen Vergleichsstudien. Die Studien zeigen jedoch auch, dass dieser Zusammenhang in keinem der beteiligten OECD-Länder so eng wie in Deutschland ist (OECD 2001, 2004). Zur Erklärung des Zusammenhangs wird üblicherweise auf die dreifache Benachteiligung von Kindern aus unteren Sozialschichten verwiesen, tatsächlich handelt es sich jedoch in Deutschland um eine vierfache Benachteiligung. Die primäre Benachteiligung für Kinder aus bildungsfernen Milieus besteht darin, dass sie schlechtere Voraussetzungen mitbringen und weniger Unterstützung im Elternhaus erfahren. […] Eine sekundäre und tertiäre Benachteiligung von Kindern aus bildungsfernen Schichten findet an einer wichtigen Gelenkstelle statt: dem Übergang in weiterführende Schulen, der in Deutschland recht früh durch die Grundschulempfehlungen erfolgt. IGLU 2006 zeigt: Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern erhalten von ihren Lehrern und Eltern erst bei deutlich höheren Leistungswerten eine Gymnasialpräferenz als Kinder aus bildungsnahen Elternhäusern. Die Wahrscheinlichkeit für eine Gymnasialpräferenz ist bei Eltern aus der oberen Dienstklasse bei gleichen Lesekompetenzen und kognitiven Grundfähigkeiten des Kindes 9-mal höher als bei un- und angelernten Arbeitern und fast 6-mal höher als bei Facharbeitereltern. Für die Einschätzung der Lehrer gilt: Kinder aus der oberen Dienstklasse haben eine fast 5-mal höhere Chance, eine Gymnasialempfehlung von ihren Grundschullehrern und -lehrerinnen zu erhalten. […] Schüler und Schülerinnen in Deutschland sind aber noch einer vierten Benachteiligung ausgesetzt, die im internationalen Vergleich fast einmalig ist: Die frühe Aufteilung in hierarchisch gegliederte Schulformen und die damit einhergehenden schulischen Auslesemechanismen fördern die soziale Segregation der Heranwachsenden. Deshalb stellen die weiterführenden Schulen, wie die PISA-Autorinnen und Autoren konstatieren, ‚unterschiedliche Entwicklungsmilieus‘ bereit und sind mit ‚differenziellen Chancen des Kompetenzerwerbs verbunden‘ (Baumert & Schümer, 2001, S. 354). In Schulen mit hohen Anteilen ebenfalls benachteiligter Schülerinnen und Schüler leisten diese weniger, als man aufgrund ihrer individuellen Lernvoraussetzungen erwarten könnte.“ (Valtin 2008: 12).
Benennen Sie die Problemstellung, die der Text bearbeitet.
Der Text zeigt den Zusammenhang zwischen schulischer Leistung und sozialer Herkunft, wie er in den Schulleistungsstudien IGLU und PISA thematisiert wird.
Recherchieren Sie, was IGLU und PISA jeweils untersuchen.
IGLU (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) ist der deutsche Teil der PIRLS (Progress in International Reading Literacy Study). Diese Studien untersuchen die Lesekompetenz von Kindern im vierten Schuljahr.
PISA (Programme for International Student Assessment) ist ein internationaler, von der OECD durchgeführter Schulleistungstest. In Deutschland werden aufgrund der föderalen Struktur auch Daten für die einzelnen Bundesländer erhoben.
Benennen Sie die drei Formen der Benachteiligung, die sich im Zusammenhang von sozialer Herkunft und schulischer Leistung in den meisten OECD-Ländern ergeben.
Primäre Benachteiligung: Kinder aus bildungsfernen Milieus verfügen über schlechtere Voraussetzungen und erhalten weniger Unterstützung im Elternhaus
Sekundäre und tertiäre Benachteiligung: finden an den Gelenkstellen (Übertritten im Schulsystem auf eine andere Schulform) statt. Die Gymnasialpräferenz bei Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern ist, gemessen an den Leistungen der Kinder, wesentlich geringer ausgeprägt. Oder anders formuliert: je bildungshöher die soziale Herkunft, umso wahrscheinlicher ist die Präferenz für eine höhere Schulform.
Welches ist die vierte Benachteiligungsform und wieso kommt sie in Deutschland zusätzlich vor?
Das deutsche Schulsystem fördert durch seine Viergliedrigkeit und die Möglichkeit, Schüler*innen bei schlechten Leistungen an eine niedrigere Schulform zu verweisen, die ‚soziale Segregation‘ zwischen den Jugendlichen. Dieser Prozess, den man als Homogenisierung von Lerngruppen beschreiben kann, führt gleichzeitig zu Schulen, in denen die Leistungserwartungen sinken.