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Das Strafrecht – Ein Fallbeispiel

Anhand des folgenden Fallbeispiels, in dem es um eine mögliche Körperverletzung geht, soll Schritt für Schritt der Aufbau eines strafrechtlichen Gutachtens erarbeitet werden. Der juristische Gutachtenstil basiert auf der Logik der Subsumtion. Subsumtion bedeutet, dass ausgehend von der zu beantwortenden Frage diejenigen Vorschriften, aus denen sich die Antwort möglicherweise ergeben kann, daraufhin geprüft werden, ob ihre im Gesetz abstrakt genannten Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt sind.


Das Quellen- und Literaturverzeichnis zu dieser Seite finden Sie hier.

Aufgabe 1 von 6

Tim (T) und Olivia (O) wohnen zusammen. T ist begeisterter Fußballfan, O mag Fußball eigentlich gar nicht. Nachdem es eines Abends mal wieder zu Streit gekommen ist, weil T im Fernsehen Fußball, O aber lieber eine romantische Komödie schauen wollte, nimmt sich T in der Nacht eine Schere und schneidet der O ihre langen blonden Haare ab. Als O am Morgen aufwacht und in den Spiegel schaut, ist sie entsetzt und schreit: ‚Ich zeige dich wegen Körperverletzung an!‘

Hat T durch das Haareabschneiden den Straftatbestand der Körperverletzung gemäß § 223 des Strafgesetzbuches (StGB) erfüllt?

§ 223 Abs. 1 StGB lautet:

„Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

In einem jeden juristischen Gutachten müssen Sie zunächst einen sog. Obersatz bilden. Sie müssen in einer strafrechtlichen Fallbearbeitung also eine These formulieren, in der Sie die Handlung einer Person, die sie ihr tatsächlich zum Vorwurf machen wollen – hier das Haareabschneiden –, mit einem Straftatbestand in Verbindung setzen – hier mit einer Körperverletzung gemäß § 223 StGB.

Indem der T der O die Haare abschnitt, könnte er sich gemäß § 223 Abs. 1 StGB wegen Körperverletzung strafbar gemacht haben.