OSA Baden-Württemberg
BW Quadrat Logo
× Die Beispielaufgaben sollten an einem PC bearbeitet werden.

Der Gutachtenstil als juristische Arbeitsweise – Ein Fallbeispiel

Zur Erläuterung des Gutachtenstils und der Subsumtionstechnik geht es im Folgenden darum, anhand eines Beispiels aus dem Rechtsbereich Zivilrecht die einzelnen Schritte dieser Methodik nachzuvollziehen.


Das Quellen- und Literaturverzeichnis zu dieser Seite finden Sie hier.

Aufgabe 1 von 8

Sachverhalt und Fragestellung: A hat das Fahrrad des B gestohlen und in seinem Besitz. B verlangt das Fahrrad von A heraus – zu Recht?

Die zu prüfenden Normen: Bei der Lösung dieses zivilrechtlichen Falls hilft (wie häufig) die Frage: ‚Wer will was von wem woraus?‘ bei der Ermittlung der zu prüfenden Normen.

B will von A das Fahrrad heraus, aber woraus? Aus welcher Vorschrift des Gesetzes könnte sich ergeben, dass B das Fahrrad von A mit Recht fordert?

Bitte auswählen

Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG
Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet.

Art. 14 Abs. 2 S. 1 GG
Eigentum verpflichtet.

§ 929 S. 1 BGB
Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer dem Erwerber die Sache übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll.

§ 985 BGB
Der Eigentümer kann vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

§ 249 Abs. 1 StGB
Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

Als eine Vorschrift, aus der sich ergeben könnte, dass B das Fahrrad zu Recht von A heraus verlangt, kommt § 985 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Betracht.

§ 985 BGB ist aber stets in Zusammenhang mit § 986 BGB zu sehen. Dieser lautet im hier allerdings alleine interessierenden Absatz 1 Satz 1:

„Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er […] dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist.“

Auf die Prüfung dieser beiden Vorschriften wollen wir uns an dieser Stelle beschränken.