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Der Gutachtenstil als juristische Arbeitsweise – Einführung

Die Tätigkeit von Jurist*innen besteht zu einem großen Teil darin, Recht anzuwenden, also rechtliche Entscheidungen zu treffen, oder rechtliche Entscheidungen, etwa im Vorfeld eines Prozesses oder bei der Erstellung von Verträgen, zu prognostizieren. Das bedeutet, dass Jurist*innen rechtliche Fragestellungen zu beantworten haben, z.B. ob der Kläger vom Beklagten tatsächlich 20.000 € aus dem Verkauf eines Autos verlangen kann, ob der Erlass eines Steuerbescheides wirksam, ob ein bestimmtes Verhalten strafbar ist oder ob eine bestimmte Vertragsklausel einer rechtlichen Prüfung durch ein Gericht standhalten wird.

Die Antwort auf die jeweils aufgeworfene Frage ist anhand der einschlägigen rechtlichen Vorgaben zu ermitteln, und zwar durch ein Rechtsgutachten, im Wege der sog. Subsumtion. Dabei werden, ausgehend von der zu beantwortenden Frage, diejenigen Vorschriften, aus denen sich die Antwort möglicherweise ergeben kann, daraufhin geprüft, ob ihre im Gesetz abstrakt genannten Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt sind. So arbeitet man sich Schritt für Schritt zur Antwort vor. Entsprechend der Logik der Subsumtion basiert jedes juristische Gutachten daher auf dem folgenden Schema:

Frage \(\rightarrow\) Prüfung \(\rightarrow \) Antwort.

Der Gutachtenstil zeichnet sich also dadurch aus, dass bezogen auf die jeweils aufgeworfene Rechtsfrage aus dem Gesetz abstrakte Normen ermittelt werden, die – auf den konkreten Fall angewendet – die aufgeworfene Frage beantworten könnten. In diesen Normen sind jeweils Voraussetzungen (die sog. Tatbestandsmerkmale) genannt, die im konkreten Fall vorliegen müssen, damit die jeweilige Norm Anwendung finden kann und die in ihr angeordnete Folge (die sog. Rechtsfolge) eintritt. Das Abgleichen des Lebenssachverhalts mit den Vorgaben dieser Norm ist die Subsumtion. In einem Gutachten steht am Ende aller notwendig gewordenen Subsumtionsschritte das Ergebnis, also das, was sich aus der abstrakten Norm für den konkreten Fall ergibt.

Die Technik der Gutachtenerstellung steht neben dem Lernen und Begreifen des abstrakten Stoffes im Mittelpunkt des Studiums. Die Studierenden fällen in Klausuren und Hausarbeiten noch keine Urteile, erlassen noch keine Verwaltungsakte, sie beantworten Rechtsfragen, sie erstellen Rechtsgutachten.


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